WG38 – Briefentwurf an Alma Mahler
Toblach nach Neubabelsberg im Zug oder in Neubabelsberg, Samstag, 6. oder Sonntag, 7. August 1910
Laß uns über re-
den, es liegt mir am
Herzen, daß wir nicht
den geringsten Fehler
gegen ihn begehen und
es nirgends aus Ver-
träumtheit, die den Lie-
benden eigen ist, an
Herzenstakt fehlen lassen.
Er hat sich wahrhaft als
Mann von Adel bewiesen
Es giebt Dinge, die Du
ihm nicht sagen darfst.
Wir wollen Deshalb verletzt
Du nicht die reine Wahr-
haftigkeit die zwischen
uns dreien gottlob be-
steht
Soll ich ihm noch mal
schreiben? Dolchstöße!
[am linken Blattrand:]
Versuche daß er wieder arbeitet solche
Zeiten schaffen oft die größten Kunstwerke
und diese Form
dieses unsagbare Leiden
und Ertragen möchte
ich um keinen Preis
mißen, sie habe[n] die
Schlinge um mich noch
fester gezogen, nun bin
ich ganz in Deiner Gewalt
Welche Süßigkeit geht
von Dir aus.
Aus Deinem Taschentuch
strömt mir der ganze himm-
lische Duft Deines Körpers
entgegen und ich denke
an die erlösenden Tränen
die Du nach allem Jammer
an meinem Herzen geweint
hast
Ach meine was für \von welchen Gipfeln der/ Hoff-
nungen sind in \bin ich/ diesen Tagen
hinab gestürzt
Es giebt keine Langeweile
mehr, alles ist mit Sinn
erfüllt.
Ich bin in einem
Zustande der Verklärung
Apparat
Überlieferung
, , , , , , , .
Quellenbeschreibung
4 Bl. (4 b. S.) – Viertel eines Papierbogens.
Druck
Erstveröffentlichung.
Korrespondenzstellen
Beantwortet durch AM14 vom 8. August 1910: (heute ist der erste Tag[,] an dem Gustav in sein kleines Arbeitshaus gegangen ist): Versuche daß er wieder arbeitet solche Zeiten schaffen oft die größten Kunstwerke.
Datierung
WG38 muss aufgrund der Korrespondenzstelle und der starken inhaltlichen Nähe zu WG37 ebenfalls am 6. oder kurz danach, am 7. August 1910 entstanden sein.
Übertragung/Mitarbeit
(Marie Apitz)
(Jannik Franz)
wieder arbeitet – hatte spätestens mit Ankunft in Toblach begonnen, seine zu komponieren, und diese Arbeit wegen der Katastrophe unterbrochen (, S. 38).
Taschentuch – Offensichtlich hatte zum Abschied ein Taschentuch als Liebespfand gegeben – wie bereits in der Tobelbader Zeit, s. WG2 vom 30. Juni bis 3. Juli 1910: Pfand.